Wir entwickeln in diesem Beitrag für Sie eine Vision über ein einzigartiges Obstparadieses an der Ostseeküste. Um zu der Erkenntnis zu gelangen, beschäftigten wir uns mit der Vergangenheit des Obstbaus in Reddelich, stellten im Jahr 2014 den Status quo der verbliebenen Reste von Streuobstbäumen fest und packten an, um zu retten, was zu retten ist. Wir begannen noch im Jahr 2014 mit dem Pflanzen von Streuobstbäumen mit historischen Sorten.
Besteht die Notwendigkeit, alte Sorten in der Zukunft zu erhalten?
Ja, denn die vielen alte Sorten haben Eigenschaften, die in den wenigen modernen Hochleistungssorten nicht mehr vorhanden sind. Die Hochleistungssorten wurden meistens einseitig auf hohen Ertrag und Eignung für den Plantagenanbau gezüchtet. Ein guter Geschmack oder die Formenvielfalt oder die verschiedenen Verwertungsrichtung waren keine vordergründigen Züchtungsziele. Außerdem sind alte Sorten auch ein kulturelles Erbe der Menschheit, denn sie sind durch die Hände vieler Generationen entwickelt worden und durch menschliche Kreativität entstanden.
„Der Sortengarten ist die Vergangenheit des Obstbaus, die Gegenwart des Obstbaus, und das genetische Potenzial ist die Zukunft des Obstbaus. (Dr. Hilmar Schwärzel)“
Mit der Erhaltung alter Sorten soll auch der Verlust der genetischen Vielfalt aufgehalten werden. Alte Sorten sind in Vergessenheit geraten, weil sie nicht den Anforderungen und Methoden der intensiven Agrarproduktion wie hoher Ertrag, Transport- und Lagerfähigkeit entsprechen. Sie sind deshalb stark gefährdet, unwiederbringlich verloren zu gehen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt es zahlreiche Lokalsorten, die bei den Pomologen als „verschollen“ gelten und vielleicht ausgestorben sind. Dazu zählen beispielsweise folgende Soten:
- Teterower Zitronenapfel,
- Mecklenburger Junkerapfel,
- Rostocker Schmelzling und
- Gelber Mecklenburger.
Möglicherweise befindet sich eine „verschollene“ Sorte auch unter unseren Bäumen mit Arbeitsnamen. Diese konnten bisher von Pomologen noch keiner Sorte zugeordnet werden. Das Suchen nach Sortenzugehörigkeit ist kompliziert. Finden Pomologen eine Sorte wieder, gleicht dies einem Sechser im Lotto.
Was sagt die Dorfchronik über eine Obstproduktion in Reddelich aus?
Streuobstwiesen und Obstbaumreihen säumten in der Region vielerorts die Dörfer und Wege und prägten das Landschaftsbild mit. So weist auch Reddelich eine alte Tradition als Standort des Obstanbaus auf. Durch Auszählen der Bäume auf dem Luftbild kamen wir auf ca. 695 Obstbäume, die alleine in dieser Plantage wuchsen. Aus Kindheitstagen weiß ich zu berichten, dass hier Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschbäume wuchsen. Diese Obstplantage wurde 1979 gerodet. Sie ist auf einem Luftbild aus dem Jahre 1953 zu erkennen.
Wie fanden wir die Situation im Jahre 2014 vor?
Die Mitstreiter der Obstarche stellten im Jahr 2014 fest, dass es im Gemeindegebiet von Reddelich noch ca. ein Dutzend Obstbäume gibt, die über 50 Jahre alt sind, und auf öffentlich zugänglichen Flächen stehen. Das Ende dieser alten Obstbäume ist in den nächsten Jahrzehnten aufgrund der natürlichen Altersgrenze der Bäume absehbar.
Wir erkannten: Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir auch diese letzten alten Obstbäume als Zeugen unserer historischen Kulturlandschaft. Damit verlieren wir auch attraktive Landschaftselemente und Werte.
Was unternehmen wir gegen den negativen Trend des Verschwindens alter Sorten?
Mit dem Projekt „Obstarche“ des Kulturvereins für Reddelich und Brodhagen e.V. gestalten wir seit dem 21.11.2014 mit dem Anlegen eines Sortengartens unsere Gemeinde Reddelich zu einem Obstparadies an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern. Damit die Sortennamen nicht verloren gehen, haben wir jeden Baum mit GPS eingemessen und führen ihn im Obstbaumkataster. Mit der Obstarche haben wir jetzt schon ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Gemeinden erreicht. Ein vergleichbares Vorhaben, durchgeführt von ehrenamtlich und unentgeltlich arbeitenden Bürgern, gibt es bisher nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Das gibt es nur hier bei uns in der Gemeinde Reddelich. Darauf können wir zu Recht stolz sein.
Generationenübergreifendes Handeln ist erforderlich.
Unser Sortengarten ist ein Vorhaben, welches nicht nur kurzfristig angelegt ist. Obst-Hochstämme können bei guter Pflege je nach Obstart zwischen 100 (Apfel) bis 500 (Walnuss) Jahre alt werden. Die Ertragsphase bei den langlebigen Obst-Hochstämmen beginnt in der Regel ab dem 7. Bis 12. Standjahr und hat ihren Höhepunkt erst im Alter von 30 bis 50 Jahren. Die Obstarche ist somit ein Vorhaben, das Generationen verbindet. Die jetzige Generation sollte der nächsten Generation eine wertvollere Umwelt übergeben. Dies möchten wir mit dem Sortengarten der Obstarche gewährleisten.
Baumpatenschaften bestehen
Wir haben inzwischen für 102 Obstbäume eine registrierte Baumpatenschaft. Viele Baumpaten sind Kinder. Wir freuen uns darüber sehr und hoffen, dass wir den Gedanken der Erhaltung und Nutzung von historischen Obstsorten damit auch an unsere zukünftigen Generationen weiterreichen. Auch die Kita „Rohrspatzen“ pflanzte einen Apfelbaum der Sorte „Pommerscher Schneeapfel“.
Bei unseren Pflanzfesten und freiwilligen Arbeitseinsätzen halfen auch zahlreiche Familien mit. Es wurden drei Hochzeitsbäume gepflanzt. Auch der Landrat des Landkreises Rostock, Sebastian Constien, und der Bundestagsabgeordnete Frank Junge pflanzten je einen Patenobstbaum.
Neue Kulturveranstaltung etablieren
Wir veranstalten den Gartenflohmarkt in Reddelich mit mobiler Mosterei.
Brauchtum pflegen
Drei Hochzeitsbäume, ein Familienbaum und drei Gedenkbäume sind darunter. Damit wird auch das Brauchtum, einen Hochzeitsbaum und einen Geburtsbaum zu pflanzen, gepflegt.
Angebot erweitern: Erholung, Umweltbildung, Obstlehrpfad und grünes Klassenzimmer
Die Gestaltung der Streuobstwiesen und Obstbaumreihen als Lehrpfad zu verschiedenen Themen ist bereits durch 2 Sitzbänke, sieben Thementafeln und 15 Sortentafeln begonnen worden. Dazu werden weitere Projektanträge an Förderinstitutionen gestellt, die dann in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen.
Unsere Zukunftsvision für die Gemeinde Reddelich
Die Gemeinde Reddelich bleibt in der Zukunft ein begehrter Ort zum Wohnen, Arbeiten und Erholen. Sie hat ein positives Image, pflegt das Brauchtum und die Kultur. Sie wird bekannt für seinen in Mecklenburg-Vorpommern einzigartigen Obstsortengarten und Obstwanderweg. Unsere Gemeinde etabliert sich in der Zukunft als Obstsortenerhaltungsort mit Bedeutung für den Erhalt und das Erleben von einer Vielfalt von mehr als 500 verschiedenen Lokalsorten aus Mecklenburg-Vorpommern.
Für die Zukunft sind jährliche Kulturveranstaltungen, wie ein Obst-Erntefest mit dem gemeinsamen Ernten der Streuobstbestände, ein Frühlingsblütenfest und der Gartenflohmarkt geplant. Auf den Ernteveranstaltungen können die Bürger für die Entnahme des schmackhaften und gesunden Obstes eine Spende an die Obstarche entrichten, welche für die Erhaltung, Pflege und Düngung der Streuobstflächen eingesetzt wird. Es bieten sich viele Erholungsmöglichkeiten auf den Streuobstwiesen für Spaziergänge und zum Verweilen. Die Obstarche schafft weitere Bänke und Tische zum Rasten in den Streuobstwiesen an. Unsere Bürger nutzen gerne den Obstwanderweg zur Erholung und Sport. Sie lieben ihr Dorf und fühlen sich hier wohl. Weitere Themenpfade und ein Grünes Klassenzimmer entstehen. Geführte Obstwanderungen mit Verkostung werden zukünftig angeboten, wenn die Bäume Erträge liefern.
Der Reichtum an Tier- und Pflanzenarten nimmt in der Zukunft auf den Streuobstflächen beständig zu. Der Sortenreichtum ist einzigartig in Norddeutschland und von sehr hohem Wert. Unsere Gemeinde ist ein Vorbild für andere Gemeinden. Regionale Wertschöpfungsketten entstehen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Streuobstbestände. Dienstleistungen rund um die Streuobstflächen werden angeboten. Die Bürger können sich ihr tägliches Obst sammeln. Wir hoffen, dass Ihnen dieses Zukunftsbild gefällt und wir Sie dafür gewinnen können.
Wir danken den vielen freiwilligen Helfern, Sponsoren, Beratern und Förderern.
Wir, das sind alle Bürger und Baumpaten, die uns bisher unterstützt haben, auch diejenigen, die uns beraten und gefördert haben. Zu unseren Förderern zählen bisher Privatpersonen, Firmen, das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Heidehof-Stiftung, die Fielmann AG und die BINGO!Umweltlotterie.
Wir, das sind auch unser Bürgermeister, unsere Gemeindearbeiter und die Gemeindevertreter, welche den Beschluss fassten, die Flächen für dieses Generationenprojekt als Streuobstwiesen zu widmen.
Wer möchte uns beim Generationenprojekt „Obstarche“ unterstützen?
Wir sind offen und dankbar für jegliche Art der Hilfe, sei es die Geldspende oder auch die Mithilfe bei unseren Arbeiten. Sprechen Sie uns an, darüber freuen wir uns.