Schwarzer Holunder

Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), auch bekannt als südwestdeutsch-schweizerisch Holder(busch) oder bairisch-österreichisch Holler, in Norddeutschland oft auch als Flieder bezeichnet, ist ein Strauch aus der Gattung Holunder (Sambucus).
Der Schwarze Holunder ist eine der in Mitteleuropa häufigsten Straucharten. Seine Blüten und Früchte finden vielfach Verwendung als Heilmittel, Lebensmittel und Farbstoff.

Der Schwarze Holunder ist ein bis 11 Meter hoher Strauch oder kleiner Baum mit starker Verzweigung. Die Zweige des Holunders sind oftmals bogenartig ausladend. Die Rinde ist von graubrauner Farbe und übersät mit Korkporen, die als hellere Erhebungen ins Auge fallen. Diese Erhebungen sind ausgefüllt mit weißem, fast schaumstoffartigem Mark. Die dickeren Äste sowie der Stamm haben eine längsgefurchte graubraune, korkartige Borke. Der Holunder ist ein Flachwurzler mit weitreichendem Wurzelwerk.

Die gegenständigen Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Die einzelnen Blattfiedern sind etwa 30 Zentimeter lang und bestehen aus meist fünf oder sieben Einzelblättern, die elliptisch und am Rand gesägt sind. Die Einzelblätter sind jeweils bis etwa 12 Zentimeter lang. Das Blattwerk entwickelt sich etwa im März bis April.

Ab Mai bis in den Juli erscheinen am jungen Holz bis zu 30 Zentimeter große, flache Schirmrispen aus vielen Einzelblüten. Ihr frischer, fruchtiger Duft ist unverwechselbar und typisch für den Holunder. Die weißen oder leicht gelblichen Blüten sind in der Regel fünfzählig. Sie besitzen entsprechend jeweils fünf Kelchblätter, fünf miteinander verwachsene Kronblätter, fünf freie Staubblätter mit gelben Staubbeuteln und drei miteinander verwachsene Fruchtblätter, die später in der Frucht drei Kerne bilden. Ein kleinerer Teil der Blüten ist jedoch auch vierzählig. Zerreibt man ein Blatt zwischen den Fingern, riecht es auch leicht nach den Blüten; so kann Holunder auch einfach erkannt werden, wenn er keine Blüten oder Früchte trägt. Die Blüten werden von Fliegen, Hautflüglern und Käfern besucht.

Im August und September beginnen die anfangs roten, später schwarzen Vitamin-C- und Kalium-reichen, ungefähr sechs Millimeter großen „Beeren“ (eigentlich Steinfrüchte, die auch als „Fliederbeeren“ bezeichnet werden) zu reifen. Sie besitzen einen burgunderroten Saft, der aus Textilien kaum auswaschbar ist, und bilden jeweils drei Samen. Während diese Früchte reifen, färben sich auch die Stiele, an denen sie sitzen, rötlich. Die Beeren sind nach dem Abkochen oder Vergären essbar. Die Früchte werden hauptsächlich durch Vögel (z. B. Amseln, Drosseln, Stare und Mönchsgrasmücken) verbreitet, doch auch Säugetiere und Menschen tragen zur Verbreitung bei.

Die Pflanze kann etwa 100 Jahre alt werden.

Seine Früchte bezeichnet man auch als „Fliederbeeren“, was auf seinen lange in Norddeutschland gebräuchlichen niederdeutschen Namen Fleder, Flieder zurückzuführen ist, der erst spät auf den heutigen Flieder (Syringa) überging. Der Name Holunder leitet sich möglicherweise aus der nordischen Mythologie ab, wo der Strauch mit der Unterweltgöttin Frau Holle (vgl. Hel) in Verbindung gebracht wurde. Alternative Vorschläge verweisen auf „hohl“, da sich das Mark leicht entfernen lässt.
Verwendung

Holunder findet sowohl in der Volksmedizin und Pflanzenheilkunde als auch in der Küche vielfache Verwendung.
Holundersaft und die Holunderbeeren, aber auch Tees aus Rinde und Blütenständen gelten als probate Hausmittel gegen Erkältung, Nieren- und Blasenleiden sowie zur Stärkung von Herz und Kreislauf und finden bis heute Anwendung. Als Faktoren dieser Wirkung gilt das in den Früchten mit 180 mg/kg reichlich enthaltene Vitamin C sowie Vitamin B, Fruchtsäuren, ätherische Öle, die auch in den Blüten enthalten sind, und vor allem farbgebende Anthocyanidine (als Glycoside Sambucin, Sambicyanin, Chrysanthemin). Dieses Antioxidans schützt die Zellmembranen vor Veränderungen durch freie Radikale und verlangsamt so den Alterungsprozess der Pflanzenzellen wie auch der Zellen des menschlichen Konsumenten. Zusätzlich soll es einen entzündungshemmenden und dadurch schmerzlindernden und fiebersenkenden Effekt haben. Polyphenole, die aus den Früchten des schwarzen Holunders gewonnen wurden, zeigten in einer Studie interessante zell- und gewebeschützende Effekte, die die durch den oxidativen Stress bei diabetischer Stoffwechsellage entstandenen Gefäßschäden reduzieren konnten.

Studien haben gezeigt, dass Holunder-Extrakte ein wirksames Mittel zur Behandlung der Grippe sind.

Die ätherischen Öle mit ihren Aromakomplexen wirken leicht schweißtreibend und schleimlösend. Auch bei Magenbeschwerden wird Holundertee in der Hausmedizin erfolgreich angewendet. Die getrockneten Blüten werden als „Flores Sambuci“ in Drogerien und Apotheken angeboten. Studien konnten auch diesen eine entzündungswidrige Wirkung nachweisen.[23] Volkstümliche Anwendung finden neben den Früchten und den Blüten des schwarzen Holunders bisweilen auch seine Blätter (Folia Sambuci), diese werden bei rheumatischen Erkrankungen angewendet.

Die aus der volkstümlichen Überlieferung bekannte Verwendung von Holunder als Heilpflanze bei Diabetes mellitus wurde in Studien in vitro untersucht, dabei konnte eine insulinähnliche sowie die Sekretion von Insulin stimulierende Wirkung nachgewiesen werden. Studiendaten beim Menschen liegen hierzu nicht vor.

Die Früchte haben eine leicht abführende Wirkung.

Holunderöl wird durch Kaltpressung aus Samen gewonnen und findet in Kosmetik, Pharmazie und Medizin Anwendung.

Die Beeren wurden früher zum Färben von Haaren und Leder eingesetzt. Mit dem Saft färbte man auch Rotwein, mit den Blüten wurde Weißwein fruchtig lieblicher aromatisiert.

Nachdem sowohl die Konsumenten als auch die Lebensmittelindustrie inzwischen höhere Ansprüche an Färbemittel und Farbstoffe stellen, gewinnt dieser natürliche Farbstoff heute wieder an Wert. Er wird für Süßigkeiten und Molkereiprodukte in der Lebensmittelindustrie sowie in der Textilindustrie verwendet.

Eine bekannte Zubereitungsform für die Blüten sind ausgebackene Holunderblüten, die im deutschen Sprachraum als Hollerküchel, Holunderpfannekuchen, Holunderküchle oder Hollerschöberl bezeichnet werden. Dabei werden die Schirmrispen in einen dünnflüssigen Teig aus Mehl, Eiern und weiteren Zutaten, beispielsweise in Wein- oder Bierteig, getaucht und anschließend in der Pfanne gebacken oder frittiert.

Darüber hinaus werden die Blüten als geschmacksgebende Komponente für Getränke verwendet. Besonders weit verbreitet sind Holunderlimonade bzw. -sirup und Holundersekt. Die Blüten werden in eine Zuckerlösung gelegt und nach einigen Tagen abfiltriert. In dieser Zeit hat die Zuckerlösung das Holunderblütenaroma angenommen. Es ist ebenfalls möglich, aus dem Holunder einen (Wild-)Obstbrand herzustellen. Dabei dürfen jedoch ausschließlich die vollständig reifen und schwarzen Beeren verwendet werden, die vor dem Maischvorgang von den Dolden entfernt werden müssen.

Da die Beeren des Holunders schwach giftig sind, kommt es nach rohem Verzehr beim Menschen zu Übelkeit bis hin zu Erbrechen. Die Beeren müssen daher vor der Verarbeitung zu Gelee, Mus, Muttersaft oder Obstwein erhitzt werden. In Norddeutschland kocht man aus den Beeren eine Fliederbeersuppe; sie finden zum Backen Verwendung und kommen als Zutat in Roter Grütze vor. Ebenfalls in Norddeutschland ist die Verwendung des eingedickten Saftes aus den Früchten in Grog üblich (d. h. mit heißem Wasser und Rum gemischt). Die Beeren lassen sich problemlos einfrieren. Der Saft ist in der gustatorischen Wahrnehmung sehr aromatisch, aber säurearm und kaum süß. Daher wird er oft mit Apfelsaft oder anderen süßen Fruchtsäften gemischt.

Das Aushacken oder Verstümmeln eines Holunders brachte Unglück oder Tod, der Hollerstrauch im Hausgarten galt als Lebensbaum. Das Verdorren zeigte den Tod eines Familienmitglieds an. Er galt als Abwehrmittel gegen schwarze Magie und Hexen, schützte vor Feuer und Blitzeinschlag. Man sollte unter ihm vor Schlangenbissen und Mückenstichen sicher sein. Auch beherbergte er wohlgesinnte Hausgeister, was den Strauch in vielen Hausgärten heimisch werden ließ und zu dem Spruch führte, dass man vor einem Hollerbusch den Hut ziehen müsse. Der unangenehme Geruch des Laubes soll daher kommen, dass sich Judas einer Legende nach an einem Holunderbaum erhängt hat.

Im Phänologischen Kalender, der sich nach den Zeichen der Natur richtet, ist der Holunder eine Zeigerpflanze: Wenn die schwarzen Beeren reif werden, beginnt der Herbst. Im langjährigen Jahresmittel reift der Schwarze Holunder um den 1. September, dem Datum für den meteorologischen Herbstbeginn. In manchen Jahren waren die Holunderbeeren in vielen Gegenden Deutschlands bereits Mitte August schwarz gefärbt.
[Quelle: Wikipedia]